Brettanomyces

Eine Gattung wilder Hefen, die in der Bierbrauerei sowohl als Kontaminant als auch als gewünschter Geschmacksgeber eingesetzt wird. Brettanomyces erzeugt charakteristische 'funky' Aromen und Geschmacksnoten.

Brettanomyces: Die wilde Hefe in der Bierbrauerei

Brettanomyces, oft einfach als "Brett" bezeichnet, ist eine faszinierende und kontroverse Hefe in der Welt des Biers. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über Brettanomyces und ihre Rolle in der Bierbrauerei.

Was genau ist Brettanomyces?

Brettanomyces ist eine Gattung wilder Hefen, die ursprünglich als Kontaminant in der Bier- und Weinherstellung gefürchtet war. In den letzten Jahrzehnten hat sie jedoch als bewusst eingesetzter Geschmacksgeber in bestimmten Bierstilen an Popularität gewonnen.

Welche Merkmale zeichnen Brettanomyces aus?

Brettanomyces hat mehrere charakteristische Eigenschaften:

  1. Aroma: Erzeugt komplexe, oft als "funky" beschriebene Aromen.
  2. Geschmack: Kann Noten von Leder, Rauch, Erdigkeit, tropischen Früchten oder Stall erzeugen.
  3. Säureproduktion: Kann zur Bildung von Essig- und anderen Säuren führen.
  4. Attenuierung: Fähigkeit, komplexe Zucker zu vergären, die andere Hefen nicht verarbeiten können.
  5. Biofilmbildung: Neigung zur Bildung von Pellicles (Oberflächenfilmen) auf dem Bier.

Wie wird Brettanomyces in der Bierbrauerei eingesetzt?

Der Einsatz von Brettanomyces in der Bierbrauerei kann auf verschiedene Arten erfolgen:

  1. Primärgärung: Alleinige Verwendung von Brett für die Hauptgärung (selten).
  2. Sekundärgärung: Zugabe nach der Hauptgärung mit Saccharomyces für zusätzliche Komplexität.
  3. Mischkulturen: Verwendung zusammen mit anderen Hefen und Bakterien (z.B. in Lambic).
  4. Fassreifung: Einsatz während der Reifung in Holzfässern.
  5. Flaschenkonditionierung: Zugabe für eine sekundäre Gärung in der Flasche.

Welche Arten von Brettanomyces werden verwendet?

Es gibt verschiedene Arten von Brettanomyces, die in der Bierbrauerei relevant sind:

  • Brettanomyces bruxellensis: Die häufigste Art, bekannt für "Horse blanket" und "Barnyard" Aromen.
  • Brettanomyces anomalus: Erzeugt oft fruchtige, tropische Noten.
  • Brettanomyces lambicus: Traditionell in Lambic-Bieren verwendet, sehr säurebildend.
  • Brettanomyces claussenii: Produziert mildere, oft als angenehm empfundene Aromen.

Wie unterscheidet sich Brett-Bier von regulärem Bier?

Brett-Bier hat einige Besonderheiten im Vergleich zu regulärem Bier:

  • Aromaprofil: Deutlich komplexer und oft als "wild" oder "funky" beschrieben.
  • Geschmacksentwicklung: Kann sich über lange Zeit weiterentwickeln und verändern.
  • Trockenheit: Oft sehr trocken aufgrund der hohen Attenuierung.
  • Säuregehalt: Kann eine leichte bis ausgeprägte Säure aufweisen.
  • Schaumstabilität: Oft geringere Schaumstabilität durch Proteinabbau.

Welche Faktoren beeinflussen die Wirkung von Brettanomyces?

Mehrere Faktoren sind entscheidend für das Verhalten von Brettanomyces im Bier:

  1. Stammauswahl: Verschiedene Brett-Stämme produzieren unterschiedliche Aromenprofile.
  2. Nährstoffverfügbarkeit: Beeinflusst die Aromenentstehung und Gäraktivität.
  3. Temperatur: Höhere Temperaturen fördern oft die Aromenentstehung.
  4. Zeit: Brett arbeitet langsam; längere Reifungszeiten führen zu ausgeprägteren Aromen.
  5. Sauerstoffexposition: Kann die Bildung unerwünschter Aromen fördern.

Häufig gestellte Fragen zu Brettanomyces

Ist Brettanomyces gefährlich?

Nein, Brettanomyces ist nicht gesundheitsschädlich. Es kann jedoch unerwünschte Geschmacksveränderungen in Bier und Wein verursachen, wenn es nicht beabsichtigt ist.

Wie lange dauert die Gärung mit Brettanomyces?

Die Gärung mit Brett kann deutlich länger dauern als mit konventioneller Bierhefe, oft mehrere Monate bis zu einem Jahr oder länger.

Können Brett-Biere in normalen Brauereien hergestellt werden?

Die Herstellung von Brett-Bieren in konventionellen Brauereien erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen, da Brett sehr persistent ist und andere Biere kontaminieren kann.

Fazit: Brettanomyces - Die Herausforderung und Chance der wilden Gärung

Brettanomyces repräsentiert sowohl eine Herausforderung als auch eine faszinierende Möglichkeit in der Bierbrauerei. Als einst gefürchteter Kontaminant hat sich Brett zu einem geschätzten Werkzeug für innovative Brauer entwickelt, die einzigartige und komplexe Biere schaffen wollen. Die Verwendung von Brettanomyces erfordert Geduld, Erfahrung und ein tiefes Verständnis für die Mikrobiologie des Brauens. Sie eröffnet jedoch auch neue Dimensionen des Geschmacks und der Aromenkomplexität, die mit konventionellen Braumethoden nicht erreichbar sind. Brett-Biere fordern oft die Geschmackserwartungen der Trinker heraus und bieten ein Geschmackserlebnis, das weit über das Gewohnte hinausgeht. Sie sind ein Zeugnis für die kontinuierliche Evolution der Braukunst und zeigen, wie traditionelle Methoden und moderne Mikrobiologie zusammenwirken können, um außergewöhnliche Biere zu schaffen. Ob geliebt oder gefürchtet, Brettanomyces hat seinen festen Platz in der vielfältigen Welt des Craft-Biers gefunden und wird auch in Zukunft Brauer und Biertrinker gleichermaßen faszinieren und herausfordern.